Was ist DIE große unbeantwortete Frage zum Thema Krebs?
9 Experten geben überraschende Antworten
Absolut lesenswert ist ein jüngst im November 2025 veröffentlichter Artikel des University of Colorado Cancer Center. Darin wurde den führenden Köpfen dieses überaus renommierten Krebsinstitutes eine einzige Frage gestellt:
„Was ist die eine große unbeantwortete Frage zum Thema Krebs?“
Die Fragen und Erläuterungen der Experten sind überraschend. Einiges davon hätte ich von diesen gestandenen Krebsexpert*innen nicht erwartet. Beim Lesen wurde mir klar, dass die großen ungelösten Rätsel der Krankheit Krebs noch lange nicht gelöst und die Herausforderungen noch sehr, sehr groß sind.
Nachfolgend habe ich das Interview aus dem Englischen übersetzt und eine kurze Erläuterung hinzugefügt.
University of Colorado Cancer Center
Das University of Colorado Cancer Center ist eines der führenden amerikanischen Krebszentren und versammelt einige der brillantesten Köpfe die sich mit Krebs beschäftigen. In der 40-jährigen Geschichte des Zentrums haben die Forscher viele Fragen zu Krebs beantwortet – was ihn verursacht, wie man ihn verhindern und wie man ihn behandeln kann. Diese Entdeckungen haben vielen Krebspatienten geholfen, länger und besser zu leben.
Was ist DIE eine große unbeantwortete Frage zum Thema Krebs?
Anlässlich des 40-jährigen Bestehen des CU Cancer Center wurden die führenden Köpfe dieser Einrichtung gefragt, was die eine große, unbeantwortete Frage zum Thema Krebs sei. Die Fragen und Antworten geben einen, wie ich finde, überraschend ehrlichen Blick hinter die Kulissen der Wissenschaft – auf die größten Hürden, die noch zu überwinden sind.
Quelle: https://news.cuanschutz.edu/cancer-center/cancer-unanswered-questions
Kampf gegen das Unbekannte: Das sind die 9 unbeantworteten Fragen, die über den Erfolg oder Misserfolg mit Krebs entscheiden.
Hier sind die Fragen und Antworten:
1. Die Frage nach der Überlebensursache:
„Warum sterben Menschen an Krebs?“
– D. Ross Camidge, MD, PhD, Thoracic Oncology
Diese Frage mag einfach erscheinen, ist aber komplex. Der Tod liegt meist nicht in der schieren Masse des Tumors begründet. Patienten können die gleiche Tumorlast bei harmloseren Krebsarten tragen und trotzdem ohne krebsbedingte Symptome sein. Die wahre tödliche Ursache ist immer noch viel zu oft unklar und muss entschlüsselt werden, um den Kampf gegen Krebs zu gewinnen.
2. Der Übergang zur Chemie-freien Therapie:
„Wie gelingt der Übergang zu wirklich chemotherapiefreien, immunbasierten Behandlungen?„
– Manali Kamdar, MD, Hämatologie
Immuntherapien versprechen langanhaltende Remissionen, indem sie das körpereigene Immunsystem mobilisieren. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, diese Durchbrüche zu erzielen, sondern sie auch gerecht und zugänglich für alle Patienten weltweit zu machen.
3. Die Aktivierung der „kalten“ Tumore:
„Wie können ‚kalte‘ Tumore, wie bei Darmkrebs oder Bauchspeicheldrüsenkrebs, effektiv in ‚heiße‘ Tumore umgewandelt werden?“
– Christopher Lieu, MD, Klinische Forschung
Viele solide Tumore schaffen eine Art Tarnkappe: eine immunsuppressive Mikroumgebung, die T-Zellen blockiert oder deaktiviert. Derartige Tumore nennt man ‚kalte Tumore‘. Die Entschlüsselung dieser komplexen Signalnetzwerke im Stroma (dem Bindegewebe des Tumors) ist entscheidend, um Immuntherapien auch für die Mehrheit der Patienten mit diesen aggressiven Tumortypen wirksam zu machen.
Mit anderen Worten: Es ist unbedingt erforderlich das ‚Tarnvermögen‘ des Tumors mit dem er sich vor den Killerzellen des Immunsystem verbirgt, zu deaktivieren oder zu umgehen.
4. Das Rätsel der Zunahme bei Jungen:
„Warum nimmt Krebs bei jungen Menschen zu?“
– Virginia Borges, MD, Division of Medical Oncology
Insbesondere Brustkrebs bei jungen Frauen nimmt in einem besorgniserregenden Tempo zu. Immer mehr 20-Jährige erhalten diese Diagnose. Die Ursachen für diesen Trend sind bislang völlig unbekannt.
5. Alter, Umwelt und Lebensstil:
„Wie lässt sich besser verstehen, wie das Alter einer Person, äußere Einflüsse (Rauchen, Infektionen) und Lebensstil (Ernährung, Stress, Bewegung) interagieren, um die Risiken zu bestimmen?“
– James Degregori, PhD, Deputy Director
Das Altern beeinflusst jeden Schritt der Krebserkrankung, von der Entstehung bis zur Metastasierung und dem Therapieerfolg. Doch wie genau Alter, Umwelt und Lebensstil zusammenwirken, um die Anfälligkeit und Tödlichkeit von Krebs zu bestimmen, ist noch unzureichend erforscht. Hier besteht ein klares Forschungsdefizit.
6. Das Dilemma der Über- und Unterbehandlung:
„Wie kann man das Risiko der Krebsentwicklung nach der Identifizierung einer körperlichen Veränderung und das Risiko des Wiederauftretens nach deren Entfernung besser verstehen?“
– Cathy Bradley, PhD, School of Public Health
Derzeit werden viele Menschen überbehandelt (mit unnötigen Nebenwirkungen und Kosten), während andere unterbehandelt werden. Präzisere Risikomodelle könnten die Behandlungsentscheidungen revolutionieren.
Mit anderen Worten, wenn Du Pech hast, ist Deine medizinische Behandlung unzureichend weil zu wenig untersucht und behandelt wird. Es kann aber auch gut sein, dass zu viel unternommen wird und die Behandlung über das angemessene Maß hinausgeht, mit gegebenenfalls ebenso schweren Folgen. Es hapert immer noch an einer möglichst exakten Diagnose des Risikos und der daraus abzuleitenden Behandlungsstrategie.
7. Das Pech-Prinzip:
„Warum ich?“
– Kyle Concannon, MD, Medical Oncology
Wir (die Ärzte) sagen, den Patienten oftmals, dass sich bei Ihnen Krebs entwickelt hat weil sie schlichtweg Pech hatten. Meine frustrierende Interpretation von „Pech“ ist, dass wir (die Ärzte) es einfach nicht besser wissen.
8. Universelle Vorsorge:
„Warum können wir keine präventive Vorsorgeuntersuchung für jede Krebsart entwickeln?“
– Natalie Serkova, MD, Radiologie
Wird es in Zukunft ein umfassendes „Ganzkörper-Mammographie“-Screening für alle Krebsarten oder einen allumfassenden genetischen Test zur Krebsvorhersage geben? Eine breitere, präventive Vorsorge bleibt ein ferner Traum.
9. Die Eliminierung des Krebstodes:
„Wann wird der Krebstod besiegt sein?“
– Hatim Sabaawy, MD, PhD, MS, Translationale Forschung
Ich träume davon, dass Krebs irgendwann einmal eine behandelbare chronische Krankheit sein wird, an der man nicht sterben wird. Dafür braucht es eine Reihe tiefgreifender Veränderungen auf politischer, gesellschaftlicher, akademischer und industrieller Ebene, deren Durchsetzung ich derzeit nicht erkennen kann. Der Weg muss gehen zu ultrapräzisen, hochgradig personalisierten Ansätzen (Flüssigbiopsien, Implantat-Sensoren, Präzisionschirurgie, präzisere Target-Therapien) aus mehreren therapeutischen, ganzheitlichen Blickwinkeln.
Was sind also die großen unbeantworteten Fragen aus Sicht dieser erfahrenen Krebsspezialisten und was ist zu tun?
Die größten Hürden in der Krebsforschung liegen heute nicht in der Entdeckung neuer Medikamente, sondern vor allem im Verständnis der Komplexität des Körpers und des Tumors. Zusammenfassend kann ich aus dem Interview folgende „To-Do’s“ erkennen:
- Revolutionierung der Immuntherapie, um sie chemotherapiefrei und universell für alle Patienten wirksam zu machen und nicht nur einen kleinen Kreis (Stichwort Umwandlung „kalter“ Tumore).
- Präzise Risikoprofile führen zu besserer Behandlung. Das Entschlüsseln der Zusammenhänge zwischen Alter, Lebensstil und Umwelt, ist unterbewertet und erfordert viel mehr Aufmerksamkeit.
- Universelle, präventive Screening-Methoden. Viel zu viele Krebsvorfälle werden immer noch zu spät erkannt. Gerade auch bei jungen Menschen kann frühes zielgerichtetes Screening helfen.
- Das finale Ziel sollte es immer sein, Krebs von einer tödlichen zu einer beherrschbaren, chronischen Krankheit zu transformieren. Bis dahin sind noch große Anstrengungen nötig.

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Verwendete Schlüsselwörter:
Krebs, Tumor, Krebstod, Metastasierung, Brustkrebs, Darmkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Sarkom, Immuntherapie, Chemotherapie, Krebsforschung, Präzisionsdiagnostik, Präzisionschirurgie, flüssige Biopsien, Remission, Überbehandlung, Unterbehandlung, Tumorlast, Immunbasiert, T-Zellen, Lokale Mikroumgebung, Stromazellen, Alter, Lebensstil, Äußere Einflüsse, Risiko, Vorsorgeuntersuchung, Prävention, Chronische Krankheit, Unbeantwortete Fragen, Pech, Unwissen



